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Wir schrieben April 1984. Das Jahr, in dem Hits wie „Hey little Girl“ (von dem ich bis grade eben glaubte, es sei von David Bowie – aber nein, die Band hieß Icehouse !), „Too Shy“ von Kajagoogoo oder „Juliet“ von Bee Gee Robin Gibb die Charts anführten. Oha, werden dies etwa Memoiren ? Ich fürchte, ja. Fahrradfahren war damals schon meins. 1982 hatten „wir“ – der Wolfgang und ich (wenn du den Wolfgang nicht kennst – macht nix – irgendein Wolfgang halt) bei Wittwer in Stukenbrock individuell konfigurierte Rennräder gekauft. Wochenlang Kataloge studiert und in der Theorie optimale Zahnrad-Kombinationen durchdekliniert. Campagnolo oder lieber nur Shimano ? Wittwer gab den Experten der schrullig-bissig-kauzigen Art, ließ uns stundenlang warten und spüren, dass er als Grandseigneur der Stukenbrocker Radsportszene derjenige mit der Ahnung war. Sein vollgestopfter Laden gab wenig zum Wohlfühlen und viel für Millieu-Studien her. Dennoch war Wittwer die erste Wahl für uns, denn Paderborner Läden strahlten damals wie heute eine leberwurstartige Inkompetenz aus, Ausnahmen sind natürlich ausgenommen. Am liebsten beantworteten sie Kundenfragen mit „haben wir nicht, brauchen wir nicht, gibt’s nicht.“ Im Showroom dafür klobige Massenware. Doch genug der Schilderung von Anti-Kauferlebnissen in Läden mit beige-grauer Aura und schlechtem Karma.

1984 machten wir Urlaub auf der dänischen Insel Tåsinge, von wo sich Ausflüge nach Svendborg ergaben. In Svendborg entdeckten wir ein Fahrradgeschäft, das unsere Laune in die Höhe schoss. Ein Team von freundlichen und unkomplizierten Enthusiasten betrieb in einem kleinen Laden Fahrradhandel und Service mit echter Kundenorientierung, was auch am selbstverständlichen und doch ungewohnten skandinavischen „Du“ feststellbar war. Sie fokussierten sich auf ihre eigene Marke SÖGRENI. Restlos begeistert, musste ich irgendetwas kaufen, was in diesem Fall ein graues T-Shirt mit rosa Schriftzug war. Wie eine Ikone trug ich jahrelang dieses SÖGRENI-T-Shirt bis es sich irgendwann unbemerkt auflöste. Noch heute denke ich ich an SÖGRENI, sobald ich irgendwo die Farbkombination Grau/Rosa bemerke. Z.B. unsere Kaffeetassen. Schon bei unseren nächsten 2 Besuchen in Svendborg 1985 und 2006 war der Laden wieder verschwunden. Vielleicht war das Experiment sogar für dänische Verhältnisse zu weit der Zeit voraus, wer weiß. Letztens googelte ich danach, und siehe da: Aha, in Kopenhagen ! Die Fahrräder sehen noch aus wie damals, das heißt aus heutiger Sicht völlig veraltet, aber es gibt ein paar coole Zubehörteile. Leider bzw. zum Glück teuer. Ich werde mir die Klingel bestellen. sogreni.com/collections/sogreni-accessories/products/sogreni-bell

Unsere SÖGRENI Style Kaffeetassen von Butlers

Achtung, das ist nicht das echte SÖGRENI T-Shirt, sondern in Photoshop zusammengemetzgert. Aber ungefähr so sah es aus.

Hier war SÖGRENI in Svendborg

Mai 2016 in Bonn: In einem stilreinen 1950er-Jahre Halbrundbau mit Arkaden am Park befand sich zwischen Szene-Läden und Restaurants der Fachhandel „Bundesrad“. Dort führte man immerhin 2 Marken: die damals für uns noch neuartig-unbekannten „Schindelhauer“ Modelle, seinerzeit noch nicht elektrifiziert, und „Santo Subito“ im verspielt-eleganten Retro-Style. Wir gerieten ins Fachsimpeln und es fielen personalseits geringschätzend warnende Sprüche wie „Schrott aus dem Baumarkt“ oder „billig in China zusammengekloppt“. Überlegene Kompetenz. Das Schindelhauer steht noch heute auf unserer Wunschliste, wir werden es nicht kaufen. Man kann nicht alles haben. Schon lange nicht von Bundesrad: Trotz angeblichem Boom vom Markt verschwunden. Schaaaade – war wohl zu gut oder hatte nicht die kritische Größe.

Ehem. Bundesrad Bonn

Februar 2022 in Hamburg: Wir waren schon auf dem Rückweg und wollten in Altona in unserem Lieblingscafé Schmidt an der Großen Elbstraße einen Letzen nehmen. Schmidt hatte blöderweise zu, vielleicht wegen des für den Nachmittag vorhergesagten Hochwassers. Am Fischmarkt streiften wir das „Rad Race“. Hey, ein cooles Fahrradgeschäft. Beim Reinpeilen entdeckten wir auf der Theke ein große italienische Kaffeemaschine. Kunden wurden draußen bedient und wir fragten das Mädel, ob man auch „nur“ auf einen Café reinkommen könne. Klar, könne man. Bei Rad Race drehte sich alles um die Hausmarke CANYON, die uns aber nicht weiter interessierte. Klamotten, Räder, Zubehör. Wir beließen es beim Café, genossen für den Moment Flair und Atmosphäre, kauften nebenan bei „Lütt & Lecker“ noch zwei Fischbrötchen für unterwegs und reisten höchst zufrieden ab. https://www.rad-race.com/rad-shop-hamburg

Bleibt zu hoffen, dass wir auf noch mehr solcher Fahrradfachhandelsikonen stoßen. Vielleicht in Köln ? Amsterdam ? Berlin ? London ? Wir halten die Augen auf.

Rad Race Hamburg