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Seit jeher bin ich ein Freund des Paderborner Innenstadtbereichs „Rosentor“. Das Tor selbst ist schon so lange nicht mehr existent, dass ich mich nicht mehr daran erinnern kann. Verschwand es im 20. Jahrhundert oder davor ? Egal.

Das Rosentor heutiger Prägung ist ein Hotspot erster Güte des kernstädtischen Fußgänger-Verkehrs. Oh, sorry, Fußgänger*innen-Verkehrs. Die halbe Südstadt kommt die Kilianstraße heruntergepilgert und quert auf dem Weg in die City die 3 Bahngleise sowie den Le Mans-Wall bzw. Liboriberg. Die wesentlich kleinere Hälfte teilt sich auf in den Strom Husener Straße bzw. Borchener. Gibt es große und kleine Hälften ? Selbstverständlich.

Konkret stellt diese Passage zwischen Südstadt und City – vor allem, wenn man den Abschnitt bis zur Karlstraße hinzurechnet – einen urbanen, nie langweilig werdenden Erlebnisraum mit einzigartigem Flair dar. Gastronomie, Einzelhandel, Dienstleistungen, was will man mehr. Gebäude von Jugendstil über Nachkriegsmoderne bis zum frisch eingeweihten Neubau bilden einen repräsentativen Querschnitt durch die stilbildenden Architektur-Epochen der letzten 100 Jahre. Durch die Alternativlosigkeit bei der Wahl des Bahnübergangs entsteht ein sich verengender Sog der Verkehrsführung in beide Richtungen.

Die Bahnlinien (Altenbeken – Paderborn und Bielefeld – Paderborn) sorgen bei den Wartenden am Übergang für ständige Spannung. Man verharrt vor der geschlossenen Schranke in einer wohltuenden Mischung aus Eile, Kontemplation, tiefer Ruhe und hoher Anspannung. Ganz Eilige können sich durch einen kleinen, aber größer als vermutet geratenen Tunnel auf die andere Seite begeben. Oft wird der Tunnel verleumdet – von Menschen, die ihn nur aus der Zeitung kennen. Der Tunnel ist weder dunkel noch eng noch stinkt er, und nicht jede*r auf dem Weg zwischen Südstadt und City ist gehbehindert. Wer mag, kann trotzdem Waggons zählend warten und staunend schauen. In der Ruhe liegt die Kraft. Zu Libori gewährt das am Rosentorrand aufgebaute Riesenrad den Blick von oben auf die Szene.

2022 wurde leider aus falschen Erwägungen eine auferzwungene „Beruhigung“ eingerichtet. Autos sollen den Bahnübergang nun nicht mehr benutzen. Dafür sorgen Pflanzkübel, die optisch sorgfältig auf die Umzäunung der schicken Altglas-Container abgestimmt sind. Auch Streugut-Behälter würden hier gut hinpassen, fehlen aber bisher. Sogar an die in Paderborn beliebten Pop-up Fahrradständer wurde gedacht. Insgesamt eine städtebauliche gelungene und hochwertige Situation, zu der vor allem die Gastronomie, bestehend aus dem Rund-Pavillon mit der derzeitigen SALITOS-Werbung und der erst seit 2018 geschlossenen Döneria mit lebendiger und doch geschmackvoller Fassadengestaltung, beiträgt.

Die Ströme der Passant*innen sowie der Güter-, Regional- und Fernzüge reissen Tag und Nacht nicht ab. Metropole pur, big city life. Paderborn überzeugt.