Schlagzeile in der Paderborner Tagespresse vom 31. Mai 2022:
Letzte Taxifahrten für Hermesmeyer · Nach 65 Jahren stellt die Geschäftsführerin den Taxi-Betrieb ein.
Lieber Erwin: Einfach nur unfassbar erschütternd. Und weiter mit der NW:
Auf die Frage nach dem „Warum“ würde sie (Astrid Hermesmeyer) stets mit einer Gegenfrage antworten: „Wann bist du denn zum letzten Mal privat mit dem Taxi gefahren?“
Da muss ich mir wohl an die eigene Nase packen. An mein letztes mal kann ich mich nicht erinnern. Zwischen meinen Taxifahrten liegen oft Jahrzehnte. Noch größere Intervalle haben nur Kinobesuche. Ich bin mal … 1990 muss das gewesen sein … in München … oder so. Davor 1970 in Paris, wenn ich mich richtig erinnere, war das ein toller Peugeot 404 und der Fahrer sah möglicherweise aus wie Jean Paul Belmondo. Kein Wunder, dass Hermesmeyer nun aufgibt. „Inschuld“ wie man in Paderborn sagt, bin ich! Letzte Woche wäre noch Gelegenheit gewesen, die Katastrophe abzuwenden – ich war zu einer Hochzeitsfeier im Niemandsland hinter Delbrück eingeladen. Und statt mit dem Taxi zurückzufahren, habe ich leichtsinnigerweise nur 3 Glas Leitungswasser getrunken und bin, sogar unter Mitnahme von Verwandten, die sich ebenfalls keine Gedanken über die Schädlichkeit ihres Handelns machten, mit einem geliehenen Auto zurückgefahren. Ich schäme mich dafür. Dabei hat Hermesmeyer genau diesen Zweck des Taxifahrens in den Mittelpunkt seines Unternehmenskonzeptes gestellt. Jeder Paderborner kennt vom hinter dem Bus herfahren das Motto:
„Kommst du müde* von der Feier, fahr mit Taxi Hermesmeyer.“
So einfach ist das. Oder nicht ? In dem Spruch liegt ein Euphemismus vergraben, durch den *Stern angedeutet: „Müde“. Wer nur müde ist, kann sich zusammenreißen oder eine gute Tasse Bohnenkaffee trinken. Es geht um ganz anderes: Viele Menschen verstehen unter „Feiern“ den Konsum eines gefährlichen und schädlichen Nervengiftes der Kategorie „Alkohol“. Die Wirkung ruft bei den Betroffenen einen Zustand hervor, der im Volksmund viele Bezeichnungen hat: besoffen, voll, abgefüllt, blau, zu, hacke, dicke, verstärkt durch „sturz-, stock-, stink-“, um nur einige zu nennen. Vielleicht war Hermesmeyer hier nicht deutlich genug. Ich bin heute ein letztes Mal rausgeradelt zum Stedener Feld, dem Hermesmeyer Headquarters. Lange Schlangen von Paderbornern mit einem Blumenstrauß zum Kondolieren waren nicht zu sehen. Nun ja.
Und jetzt fällt mir ein: Genau, 1979, da gab es eine weitere Taxifahrt – vom Red House an der Rathenaustraße bis zur Giefersstraße – knappe 1,2 Km morgens um 6 auf nüchternen Magen. Leider mit Taxi Potthast.