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Beobachtungen am Point of Sale

Dem Herrn einen Golf geopfert

By 8. Januar 2013No Comments

Man schrieb das Jahr 2002, und es war Sommer.

In der Erbmasse meines Vaters Freddy befand sich auch ein zweitüriger weißer Golf TDI mit 90 PS, den ich ihm 1999 abgetreten hatte, weil er, damals 84-jährig, noch mal richtig Gas geben wollte und es auch tat. Diesen Golf, Baujahr 1994 wollte ich loswerden, weil ich keine zwei Autos brauchte. Die Eckdaten: 8 Jahre, TÜV, 90.000 KM Laufleistung, keine Mängel.

Frohgemut fuhr ich morgens zur Firma Diemel in Schloss Neuhaus, die Firma, bei der das Fahrzeug ursprünglich gekauft worden war. Ich geriet an den griesgrämig-mürrischen Gebraucht-Verkäufer, Herrn T., und dachte „oha.“ T. war schlecht gelaunt, beachtete mich 10 Minuten nicht, weil es was wichtiges rumzukramen gab und schaute dann auf. Ich trug ihm mein Anliegen vor – dass ich den schönen Golf verkaufen wollte und nicht gleichzeitig ein neues Auto brauchte, sondern nur das Geld. Er möge den Preis schätzen, was er auch nach einigem Zögern durch die Werkstatt anschließend erledigen ließ. 1.500,00 € lautete sein Ergebnis, höchstens. Der Golf sei nichts mehr wert, der Markt zusammengebrochen, Diesel unverkäuflich. Ich war enttäuscht. „Lassen Sie ihn mal hier, vielleicht habe da jemanden für.“ Ich tat, wie geheißen.

Golf PB ZX 158 mit Freddy als Beifahrer, 1997 am Bodensee

Golf PB ZX 158 mit Freddy als Beifahrer, 1997 am Bodensee

Mittags rief Theo an, ein Arbeitskollege des Messdieners D. Theo war auf der Suche nach einem preisgünstigen Zweit- oder Drittwagen, hörte von der Offerte und bot sofort 2.000 an. Nun fuhr ich wieder zu Diemel, um das Auto dort wieder abzuholen und den Deal rückgängig zu machen. Damit hatte ich Verkäufer T. endgültig verärgert. „Das geht nicht mehr. Das Auto ist schon weg, abgeholt worden.“ „Wie, abgeholt ?“ „Ja, von Aufkäufern, die es sofort mitgenommen haben. Es ist schon auf dem Weg nach Afrika.“ „Das geht doch  gar nicht“ sagte ich, „Sie hatten doch noch gar nicht die Fahrzeugpapiere bekommen, Schein und Brief. Und ich habe nichts unterschrieben, nichts beauftragt“. T. zuckte mit den Schultern. „Papiere braucht man in Afrika nicht. Bringen Sie sie mir vorbei, damit das Auto abgemeldet werden kann“.

Andere hätten jetzt eine Aufstand gemacht, einen Schreikrampf bekommen, mit Klage und Anwalt gedroht: „das Auto auf der Stelle zurück … wie, ist mir egal …“ Doch ich schwieg, nickte verständnisvoll, zog den Schwanz ein, nahm die 1.500 Schleifen, ging blass und kotzübel nach Hause und war total gebügelt.

Kurze Zeit meldete sich Theo wieder, und heizte mir so richtig ein: „Du hast mir den Wagen versprochen … hol den sofort zurück … lass dir nichts erzählen … du musst … ich will … lass ich mir nicht gefallen … etc.

In meiner Not rief ich meinen guten Freund Steinhövel an und schilderte ihm die Lage. Er legte sofort los, schallend zu lachen, und als er fertig war, sagte er: „Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen.