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Urlaub in Großenbrode 28.10.-4.11.2017

In einer langen Suche für einen schönen Herbsturlaub verwarfen wir die Ziele Ahlbeck,  Amrum, Borkum, Domburg, Heringsdorf, Juist, Kopenhagen, Poel und Zinnowitz. Es war immer das Gleiche: Wohnungen zwischen Altdeutsch-gediegen und hilflos hässlich überwogen die Szene. Ausnahmen: Juist (überwiegend zu teuer) und Kopenhagen (unbezahlbar). In Großenbrode fanden wir einen 1960er-Jahre Doppel-Klotz direkt am Ufer mit renovierter Wohnung in der 5. Etage mit phänomenalen Ausblick über 180° – von Nordwest bis Südost.

Sa. 28. Oktober

Die Hinfahrt: Kein Stau, aber über weite Strecken sehr „zäh fließender Verkehr“. Wir brauchten 4einhalb Stunden. In Großenbrode war es kniffelig, das Office der Viermietagentur Bünning zu finden, doch fanden wir es sogar vor Büroschluss. Unser Parkplatz lag nicht direkt am Klotz, und wir mussten unser Gepäck in mehreren Durchgängen nach oben schleppen.

Das Haus

Das Haus ein zweiblöckiger typischer 1960er-Jahre Flachdachbau, wie sie abrissreif im ganzen Norden und Westen des ehemaligen Westdeutschland anzufinden sind. Ein Unterschied sind speziell an unserem 5-stöckigen Häuserkomplex die durchgängig umlaufende Balkone, während die 6-12-stöckigen üblichen Vertreter solche Balkone meist asymetrisch an den linken Kante von bis zu 3 Hausseiten haben. Man erreicht die Wohnung per Treppe oder einem winzigen Aufzug und über verwinkelte, enge, dunkle Flure. Auch die Wohnung ist knapp geschnitten mit engem, kleinem Flur, einer Bettenstellung im Schlafzimmer, bei der die hintere Betthälfte nur durch Klettern über die vordere Betthälfte erreichbar ist und einer Küche, die eher der Kombüse auf einem U-Boot ähnelt. Der Blick auf die Ostsee entschädigt für diese Einschränkungen. In Schlafzimmer und Wohnzimmer sind zwei Außenwände bodentief verglast. Die Wirkung wird aber wieder abgeschwächt durch die gemauerte umlaufende Balkonbrüstung. Man hat einen Panorama-Blick, der durch Betreten des Balkons auf 270° gesteigert werden kann: Von der Fehmarn-Brücke bis Dahme ist das Seegebiet zu überschauen – wir vermuten, bis zu 20 Seemeilen bei guter Sicht. Dass die Wohnung kein W-Lan hat, wussten wir vorher, und so war die Enttäuschung nicht so groß wie bei Wohnungen in der Vergangenheit, wo das versprochene und beschriebene W-Lan dann nicht funktionierte.

Bei der glorreichen Einfahrt nach Großenbrode kamen wir nach Überquerung eines einigermaßen wunderbaren Bahnübergangs sofort an Edeka „Jens“ vorbei, von dem wir uns einiges versprachen: Herbste Biersorten, dänischen Stinkkäse und seltene Schokoladensorten. Nach Bezug und flüchtiger Ersteinrichtung brachen wir sofort zu einem ersten Erkundungsgang auf. Es ging entlang des Ufers auf einer Art Promenade nach Süden. Die Restaurants, an denen wir vorbei kamen, sagten uns nicht zu. Wegen der Tageszeit „Samstag-früher-Abend“ – die Energiesparlampen täuschten einen Lichtschein vor – waren sie voll und doch selbstverständlich ungemütlich. Weiter um die Ecke kam ein sehr schlichtes Barackenlokal im Anti-Look, in dem wir, vertrauensvoll einem Tipp folgend, einkehrten. Das Ambiente hätte man in kürzester Zeit zu einem kleinen Camping-Supermarkt oder einem Winter-Unterstellplatz für Wohnwagen umbauen können. Die Karte wies nur Basics auf. Wir entschieden uns‚ wenigstens dieses eine Mal nicht falsch und orderten Scholle Finkenwerder. Bis nach Hause war es noch mal eine ziemliche Strecke bei deutlichem Regen. Der lange angekündigte Sturm „Herbarth“ war jetzt ziemlich spürbar. Wir hielten unsere Kapuzen fest und ignorierten den Rummel zum 30-jährigen Jubilläum des Heilbad-Status. Vor allem das Feuerwerk um 22.45 Uhr wollten wir auf keinen Fall erleben.

So. 29. Oktober

Nachts hatte lange Zeit der Sturm geheult und sich bis zum Morgen noch gesteigert. Bei anbrechender Helligkeit sahen wir durch das Fernglas auf der Fehmarnsund-Brücke Blaulichter. Später hieß es im NDR-Fernsehen, dass bei starkem Seitenwind sich ein dänischer Wohnwagen-Anhänger zerlegt hatte, der trotz Verbotes da drüber gefahren war. Wir beobachteten eine Weile das Seegebiet und glichen die Beobachtungen mit den Einträgen in Marinetraffic.com ab, die uns lückenhaft bis falsch vorkamen. Zwei Arbeitsschiffe, die den ganzen Tag in verschiedenen Richtungen tätig waren, hatten offensichtlich keine Transponder zu Ortung aktiv. Schiffe der Bundesmarine und Bundespolizei sowieso nicht. Irgendwann am Vormittag nahmen wir den gleichen Weg wie gestern Abend in Angriff. Diesmal aber am Hafen südlich von Großenbrode um die Ecke und in einer weiten Schleife durch ein Naturschutzgebiet zu Jens, der auch am Sonntag geöffnet hat. Wir kauften etwas ein und brachten den Einkauf nach Hause. Sofort ging es weiter zur zweiten Wanderung des Tages. Diesmal erst durch eine 1970er-Jahre-Architektenhäuser-Individualisten-Siedlung und über sehr schmale, verwucherte Pfade nach Norden zu dem Kap, ab dem die Küste von Nordost zu Nord verschwenkt. Auf einsamen Feldwegen kamen wir irgendwann zurück. Nun wollten wir bei Tageshelligkeit das „KulturLandhaus“ Lütjenbrode aufsuchen, in dem wir am Abend einem Klavierkonzert beiwohnen wollten, dass wir vor Wochen schon im Großenbroder Veranstaltungskalender gefunden hatten. Wir fanden den Laden, er hatte aber noch nicht geöffnet. Wir fuhren nach Großenbrode zurück und suchten ein Café genau in dem Eckhaus auf, das an der Ecke zwischen dem südlichen Promenadenende und zum Hafen hin lag. Es war gut besucht, gemütlich, nicht plüschig, nicht ranzig, das Team war gut drauf, die Sonne schien rein, der Kuchen war überdurchschnittlich lecker. Ein echtes Highlight. Nun folgte der zweite Anlauf Richtung KulturLandhaus. Es war noch Zeit, dort ein Getränk zu uns zu nehmen und uns mental auf das Konzert vorzubereiten. Das Obergeschoss war zu einem Konzertsaal ausgebaut. Von den maximal 90 Plätzen waren höchstens 25 besetzt, was allgemein bedauert wurde. Der Pianist Thimothée Urbain, ein Franzose vom Typ Ranga Yogeshwar, hatte Bach, Beethoven und nach der Pause Messiaen im Programm, welches sich genau in dieser Reihenfolge steigerte, inklusive des Klanges des sehr kurzen Flügels der nie gehörten Marke Löser. Er selbst gab in französischen Deutsch ein paar Erklärungen zu den aufgeführten Werken ab. Ah ja.

Abends schmierten wir ein schlichtes Butterbrot mit den eingekauften Käsesorten. Dänischer war nicht zu bekommen.

Mo. 30. Oktober

Kurz nach Sieben warteten wir im Bett auf den echten Sonnenaufgang über dem Meer. Unter der Wasseroberfläche brodelte es immer rot-orangener, bis expressionistisch die Sonne aufstieg, zwischen zwei Regenschauergebieten. Brötchen von Puck. Wir bissen uns in den Arsch, weil wir die Zeitung vergessen hatten. Nach dem Frühstück brachen wir auf mit dem Auto nach Burg auf Fehmarn, wo wir auf dem Platz vor der Katholischen Kirche St. Franz-Xaver (westfälisch: Fran-Zaffer) parkten. Wir drehten 3 Runden durch den „lebendigen“ und vielseitigen Ort, sogar mit Besuch von Klamottengeschäften. Die Tourist-Info, bei der wir die Parkmöglichkeiten in Puttgarden erkunden wollten, fanden wir nicht, aber einen netten Politessen-Kerl, der bereit war, uns Auskunft zu geben. Die Galerie „Senator Thomsen“ hatte gestern die letzte Ausstellung beendet und ab heute zu. Natürlich. Bei einer schönen Weste im Klamottenladen „Olderog“ zögerten wir. Bei Ole gab es 10 Mal die gleiche Weste, alle nur in Größe M. Wir bräuchten aber L. In der großen Kirche St. Nicolai, wo wir 2014 schon mal waren, erkannten wir nur Weniges wieder, immerhin aber Einiges, u.a. die Gemälde der Ahnengalerie der Pastöre seit 17xx. Eine Inschrifttafel erinnerte an die Opfer, die ihr Leben im Kampf für die deutsche Einheit verloren – zwischen 1830 und 1850. Hallo ? Da war aber nicht die DDR im Spiel, sondern die wechselnde Zugehörigkeit von Ostholstein zu Dänemark und zu Deutschland. Dänemark wurde nicht erwähnt – aber tritt hier ein schwelender Konflikt zutage ? Zeigt der sich, indem in den Bäckereien keine dänischen Brötchen, in den Supermärkten weder dänischer Käse noch Zutaten für den Pølser angeboten werden? Im Info-Center der Tunnelbaufirma Femern A/S nahmen wir uns vor, die dänische Bedienung aufzumuntern, die sich dort langweilte, und wünschten Glück für den weiteren Verlauf des Projekts. Nun folgte Teil 2 des Tages: Wanderung bei glitzerndem Wasser von Lemkenhafen nach Ort, am Südwestufer von Fehmarn. Mit Hin und Her waren das 7 Kilometer, die uns wie 10 vorkamen. In Lemkenhafen gab es 2 Restaurants, mehrere Betriebe, die sich um Boote kümmerten und Surf- und Kiteschulen. Aber kein Bäcker, kein Café, keine Pommes- oder Fischbrötchenbude. Also mussten wir uns darauf einstellen, die Wanderung mit mimalem Proviant in Form von 2 Kokos-Plätzchen zu überstehen. In Orth sah es zunächst auch nicht besser aus. Aber ein paar Kurven weiter kam dann noch ein kleiner Hafen mit Bootsbetrieb, Fischerbooten, zwei Kneipen und weiteren Surfschulen zum Vorschein. Surfen ist hier das ganz große Ding. Wir entschieden uns gegen das Schickimicki-Café und für ein Fischrestaurant, das in einem ehemaligen Speicher untergebracht war und sich ambientemäßig leider auf einen albernen Piratenstil festgelegt hatte. Es war nicht überfüllt und das Personal nett. Zwar war von der Karte schon einiges gestrichen, weil man den Laden ab morgen schließen wollte, aber für uns war noch genug da. Dritte Aktion: Auf Umwegen nach Puttgarden, wo wir die Parkplatz- und Ticketkaufsituation vor Ort prüfen wollten. Es scheint recht umständlich zu sein, und Parken sehr teuer. Wir parkten sehr weit ab auf einem wilden Feldweg und gingen auf dem Deich in Richtung Fähr-Komplex, fanden dort zunächst den Ticket-Automaten von Scandlines und besuchten danach den sog. Scandlines Border Shop in einem gigantischen schwimmenden Container im Hafenbecken. Auf drei Etagen gab es Akohol für kaufwütige und ausgetrocknete Skandinavier, und in der obersten Etage Süßigkeiten. Alles in XXL Mengen. Preise groß in DKK und klein in Euro. Allgemeine Hinweise in Dänisch, Schwedisch und Englisch, aber nicht in Deutsch. Nach einem kurzen Abstecher zu Jens kamen wir bei Dunkelheit zu Hause wieder an.

Di. 31. Oktober – 500 Jahre Reformation. Wahnsinn !

Das Wetter war grau und trüb und wurde den ganzen Tag nicht besser. Heute dachten wir an den Kauf der Zeitung: Es waren die Lübecker Nachrichten „zum Reformationstag“. Mittags wanderten wir zur Halbinselspitze namens „Großenbroder Fähre“. Ein Un-Ort, der an den Straßen noch ausgeschildert ist. Man landet in Großenbroder Fähre vor einem mit einer Kette verschlossenen Hof, hinter der ein armselig-heruntergekommener Segel-Service-Betrieb vor sich hin öckert. Fast menschenleer. Allerdings gibt es einen ziemlichen Autoverkehrt dorthin. Die meisten sehen verdattert die Kette und brettern kurze Zeit später wieder zurück. Offensichtlich vermutet man dort Großartiges, und ist enttäuscht von der anzutreffenden Tristesse, immerhin ist der Fährbetrieb seit 1963 eingestellt, was Viele nicht mitbekommen haben. Früher war es tatsächlich großartig. Z.B. führte die Bahnlinie nicht über die Fehmarnsundbrücke, die gab es nicht, sondern in den Fährhafen. In Spitzenzeiten fuhren angeblich bis zu 50 Züge pro Tag. Autos wurden damals nicht transportiert. Es gab Fähren von 110 bis 160 Meter Länge. An den verfallenden Resten der Anlage sieht man, mit welch primitiver und simpler Systematik die Fährabfertigung nach Skandinavien lief. Die Wanderstrecke hin war extrem öde, zurück noch öder. Kaum glaubhaft fanden wir die stark untertriebenen Entfernungsangaben auf Radfahr-Schildern. Nach einer Pause daheim brachen wir noch mal zu Fuß Richtung Südstrand auf. Bei VAIDA im Haus Mole tranken wir einen Pharisäer bzw. fraßen ein reichlich zu süßes Eis (brrrh). Im Fernsehen frönte man dem reformatorischen Luther-Zirkus : Ein filmisch gut umgesetztes Historienspektakel 10 Tage im April 1521, Luther vor dem Reichstag in Worms. Szenen wurden z.B. eingefroren, aber nicht als simple Fotos, sondern in 3D-Kamerafahrten. Das mittelalterliche Worms am Rechner digitalisiert. Unterbrochen von kurzen Kommentaren dreier Historiker in ZDF-History/Terra-X-Manier.

Mi. 1. November – Allerheiligen

Statt Allerheiligen unser Heiligenhafen-Tag. Zum ersten Mal seit Jahren waren wir nicht auf dem Friedhof und nicht zur Geburtstagsfeier in Marienmünster. Wir verzichteten auf einen Bäckerbesuch bei Puck und begnügten uns mit keinen Brötchen. In Heiligenhafen wirkte sich das trübe Wetter stark auf die Wahrnehmung des Stadtbildes aus. Wir tigerten alle gepflasterten Straßen der Altstadt rauf und runter, drehten Runden durch diverse Läden und mehrmals an der vor dem touristischen Überschnappen stehenden Hafenmeile entlang. Eingekauft wurden 2 Zeitungen und 2 Postkarten, sowie eine rustikale Weste mit dicker Kordel bei Modehaus Olderog, die wir bei Olderog in Burg bereits gesichtet, aber nicht geholt hatten. Damit sparten wir uns den zweiten Anlauf in Burg, bzw. konzentrierten uns auf andere Aspekte. In der FISCHHALLE kehrten wir ein auf eine Portion Kibbeling mit Kartoffelsalat und ein Glas Sekt der Marke „Fischhalle“, Yup! Die Halle passt äußerlich nicht ganz in das Hafen-Flair mit alten Speichern und der Fischerboote-Waterfront, ist aber konzeptionell einigermaßen gelungen. Fisch-basiertes Fast Food mit Selbstbedienung und nicht in diesem abrissreifen, investitionsscheuen Nach-Nach-Nachnutzungs-Ambiente, welches man hierzulande durchweg antrifft. Die Kamera spielte verrückt und war zum Fotografieren nicht mehr zu gebrauchen. Später stellten wir fest, dass sie im 10-Sekunden-Selbstauslöser-Modus war. Auf dem Wochenmarkt fanden wir einen Stand mit ungewöhnlich lekkeren Bauernäpfeln einer leider nicht gemerkten alten Sorte.

Karte an Marina und Dieter in Lichtenau

liebe Marina, lieber Dieter,

auf diesem Weg vielen lieben Dank für eure letzte Karte aus Cuxhaven, abgestempelt am 5.7.2017 vom Briefverteilzentrum in Bremen. „Erholung von den Anwendungen“ – ihr seid also auf einem guten Weg. Auch wir sind just auch an der Küste und genießen den phänomenalen Ausblick: ganz links Südstrand auf Fehmarn, in der Mitte das Nichts (hinter dem Nichts liegen Wismar und Poel) bis Dahme ganz rechts. Reichweite bei guten Sichtverhältnissen ca. 10 Seemeilen. Kühlungsborn liegt ohne Sichtbehinderung ca. 22 Seemeilen entfernt, ist aber auch mit Fernglas nicht zu entdecken. Fünfter Stock reicht eben doch nicht für alles.  Vielleicht sieht man sich auf dem Weihnachtsmarkt. Bis dahin alles Gute.

 

Do. 2. November

Unser Kopenhagen-Tag.

Plan 1: Mit dem Auto bis Puttgarden. Wir kaufen eine Schiffsfahrkarte nach Rødby und dann eine Bahnfahrkarte nach København H. Wir rennen dort den ganzen Tag auf der Suche nach Inspiration rum und fahren mit den gleichen Mitteln wieder zurück. Kosten:

  • Parken in Puttgarden ca. 20 €
  • Schiff: 24 €
  • Bahn: 71 €

Plan 2: Wir fahren die gesamte Strecke mit dem Auto hin und zurück. Kosten:

  • Sprit: 17 €
  • Schiff, Tagesticket: 85 €
  • Parken: 20 € (geschätzt)

Mehre Faktoren und Unwägbarkeiten ließen uns von den Reiseplänen nach Kopenhagen Abstand nehmen:

  • Antreffen möglicherweise automatisierter, aber für uns unkompatibler Zahlungssysteme bei Parkplätzen und Ticketautomaten
  • Kein Navi, fehlendes konkretes Ziel, mangelnde Orientierung im Großraum Kopenhagen
  • Zu wenig Bahn-Direktverbindungen København H – Rødby
  • Zu hohe Zeitverluste beim Wechsel der Verkehrsmittel
  • Hohe Gesamtkosten für nur einen Reisetag
  • Früher Eintritt der Dunkelheit

Und so ließen wir es. Statt dessen fuhren wir heute bei gemischtem Wetter nach Neustadt in Holstein. Hin über die A1, Ausfahrt Neustadt-Mitte. Ähnlich wie Kappeln für die Fernsehserie „Der Landarzt“, war Neustadt der Heimathafen für die „Albatros II“, das Schiff der Fernseh-Serie „Küstenwache“ mit dem unbeugsamen, aber gerechten Kapitän Ehlers am Steuer. Während 3 Generationen Landarzt in Kappeln immer noch verehrt und erinnert werden, ist in Neustadt nichts zu merken. Nach einer Runde durch die Innenstadt versuchten wir zunächst, am Ufer des Hafens Richtung Küste zu kommen, um von dort einen prächtigen Blick auf das Gelände der „Bundespolizei See“ zu bekommen. Leider war das nicht möglich. Wir kehrten ein. Allerdings war das Essen von der Qualität, dass der Mantel des Schweigens und des Vergessens darüber gebreitet wird. Zum Schluss erfolgte ein weiterer Versuch mit dem Auto. Aber nach kurzer Strecke mussten wir vor der Schranke zum weitläufigen Areal der Bundespolizei wieder umkehren, es war kein Drankommen. Mittlerweile glauben wir, dass die Dreharbeiten gar nicht bei der Behörde stattgefunden haben, sondern sonstwo. Auf umständliche Weise mit mehreren Malen des „Verfahrens“ kehrten wir gegen 18 Uhr (gefühlte 21 Uhr) nach Hause zurück, inklusive 3 Zwischenstops: Pelzerhaken mit Strandspaziergang, Kloster Cismar mit kurzem oberflächlichen Rundgang, und, schon bei ziemlicher Dunkelheit: Kellenhusen. Bei Pelzerhaken stand in den Dünen ohne jeden Hinweis einer dieser Türme, von denen es lt. Wikipedia-Recherche 10 bauähnliche Exemplare in Deutschland gab. Zwei davon stehen an der Küsten in Ostholstein. Sie sehen aus wie eine Mischung aus Wasserturm und Minarett. Es handelt sich um ehemalige Funk-Horchstationen der Bundeswehr, die inzwischen aufgegeben wurden.

Freitag, 3. November

Trübes Wetter. Wir verzichteten auf frische Brötchen und Zeitung und fraßen Reste von gestern. Um 11 ging es mit dem Auto nach Fehmarn, dort zunächst zu dem Parkplatz neben dem Bundeswehr-Gelände mit den für uns unerklärlichen Funk-Einrichtungen, was man an Türmen, Radarschirmen und Großantennen erkennen konnte. Zu diesem Standort ist im Netz so gut wie nichts zu erfahren. Von der Wache am Tor war nicht zu erwarten, dass man uns hineinbitten würde, um unsere Fragen zu beantworten und alles zu zeigen. Zunächst auf dem steinigen, verwilderten Strand, und als das zu mühsam wurde, auf einem sehr matschigen Pfad auf dem Hochufer, wanderten wir zum Leuchtturm Staberhuk. Den Gutshof mit der Ernst-Ludwig-Kirchner-Scheune ließen wir diesmal links liegen. Bei grau-windigen Wetter- und Lichtverhältnissen überlegt man sich, ob sich solche Ziele etwas bringen. Zweite Station auf Fehmarn: Der Südstrand. Ausgangslage ist ein für Ostsee-Verhältnisse ordentlicher, einigermaßen breiter und langer Sandstrand mit der Seltenheits-Ausrichtung nach Süden. Das gibt es sonst nur noch auf Norderney und Borkum, dort aber auch nur Richtung Wattenmeer. In den 1960er Jahren errichtete man treffsicher das IFA Fehmarn Hotel- und Ferienzentrum mit drei unglaublich hässlichen Hochhäusern im Mittelpunkt und einer Urlauber-Infrastruktur drumherum, die in ihrer brutalen Monströsität und Ödnis keinen Vergleich scheuen muss mit ähnlichen Gettos in Weißenhäuser Strand, Damp, Heiligenhafen wahrscheinlich noch mehr Orten. Unter strikter Vermeidung von auch nur minimalem Flair oder Wohlfühl-Atmosphäre setzt man hier auf die in Deutschland bewährte Mischung aus runtergekommener Spießigkeit, Langeweile und Geld-aus-der-Tasche-ziehen. Frierend drehten wir eine Runde und entdeckten dann den Burger Hafen „Burgstaaken“. Die Zufahrt dorthin führte über eine gepflasterte Allee mit charmantem, gewachsenen Baubestand auf eine Speicher- und Silokulisse zu, darunter ein solitär stehender Backstein-Speicher mit 2 Treppengiebeln. Vor Ort dann war das Hafengebiet im Laufe der Zeit erweitert worden mit dem zu erwartenden touristisch übergeschnappten Angebot von Billig-Gastronomie, Läden, Amüsement, Gelände-Dekoration und Großparkplätzen. Immerhin gab es ein halbwegs authentisch wirkendes Fischgeschäft, in dem wir Zutaten für das Abendessen einkauften. Später hielten wir noch kurz in Burg City an.

Samstag, 4. November

Ohne Brötchenkauf packten wir unsere Brocken ein, warfen den Schlüssel bei Bünning ab und reisten ab. Ohne touristisches Rahmenprogramm kamen wir um 12.45 daheim wieder an.