Skip to main content
Unterwegs

2010 Castricum, Noord Holland

By 17. Juli 2010No Comments
Juli 2010, Eine Woche neben der Pommesbude

Prolog

Castricum kannten wir nur von der Lage her, und den Bahnhof, von wo wir 2005 im Rahmen eines Kurzurlaubs in Heemskerk mal mit der Bahn zu einer Rundreise „Castricum – Haarlem – Amsterdam – Castricum“ gestartet waren. Warum Castricum, und warum nur eine Woche? Eigentlich zwei Wochen auf Ile de Ré. Super Haus, leider nix mehr frei oder nur eine Woche oder ehrlich gesagt zu teuer. Darum wurde für den Zeitraum Ende Mai dann ersatzweise Stege/Møn gebucht. Damit war das Thema Sommerurlaub erst mal aufgeschoben. Nun drohte es Juli zu werden, und wir hatten noch nix. Lange kreiste das Suchen um die MV-Ostseeküste von Boltenhagen bis Usedom. Wir bekamen nur ein einziges freies Angebot rein: Zahren am Zahrener See am Rande der bewohnten Welt. Irgendwann stolperten wir über Castricum beim Anbieter TUI. Wir hätten selbst nicht geglaubt, soweit sinken zu können. TUI !

Von Anfang Juni bis Mitte Juli herrschte, während der Fußball-WM in Südafrika, in Deutschland eine große Dürrekatastrophe, die einen Mitte Juli soweit hatte, dass man sich Temperaturen unter 25 Grad nicht mehr vorstellen konnte. In dieser Geisteshaltung packten wir die Koffer. Außer warme Klamotten nicht für nötig zu halten, wichen wir auch sonst von unserem gewohnten Mitnahme-Niveau ab. Das Auto blieb halbleer.

Samstag, 17. Juli 2010

Als Hinfahrt entschieden wir uns für die Nord-Route: Bielefeld, Osnabrück, Rheine, Hengelo, Amersfoort, Hilversum, Amsterdam. Bis dahin klappte es noch reibungslos. In Höhe von Muiden erinnerten wir uns an den völlig vergeigten Abstecher auf der Hinfahrt zu oben besagtem Kurzurlaub. Bei Wormerveer verließ uns die Orientierung und wir drehten eine Runde durch Zaanstad-hinten. Ganz nett, aber unnötig. Irgenwann fanden wir auf den rechten Pfad zurück. Wir fanden unser Haus im absoluten Mittelpunkt von Bakkum, einem zu Castricum gehörenden Dörfchen mit Nordholländisch-waldigem Grundcharakter. Es lag direkt, wie in der Reiseanfahrtsbeschreibung angegeben, neben der Pommesbude (Frituure, wie man hier nicht sagt) de Klomp (der Holzschuh) und gegenüber des angeblichen Zweisterne-Restaurants APICIUS. Das Apicius hätte vom äußeren Eindruck her sofort unser Lieblingsrestaurant werden können, wenn da nicht die Menüpreise wären. Vorspeisen 20,00 bis 28,00,  Hauptgericht 40,00 – 65,00 . Man würde sehen. Japp, der Eigentümer, begrüßte uns und schlug englisch als Verkehrssprache vor, was uns recht war. Er gab ein paar Statements ab und erklärte das W-LAN für nutzungsbereit, was uns sehr recht war. Später überraschten wir ihn mit den üblichen 3 Flaschen Paderborner Pils und zwei tollen Paderborn-Prospekten in Niederländisch.

Das Haus

Wir wollen das Meckern für heute auf das Allernotwendigste beschränken: Sehr knapper Hausrat, wenig Stauraum und vor allem Null Außengelände. Der winzige eingezäunte Vorgarten enthält keinen Sitzplatz, sondern nur ein Mini-Buchsbaum-Zwerg-Labyrinth. Hinten, wo Platz ist und es etwas privater zugeht, wohnt Japp selber. Im Regal wurde das unvermeidliche Gästebuch bereitgehalten, in welchem die üblichen verlogenen Lobhudeleien verfasst sind: „Traumhafter Urlaub, Phantastisches Haus, Unvergessliche Wochen, wir kommen wieder! Japp, du bist der Größte“, und ähnlicher Mist. Wir selbst werden am Ende auf diesen unseren Blog verweisen.

Auf dem Bett im Schlafzimmer lag eine rote Rose, wie auf einem Grab. Überhaupt handelte es sich wohl um das Rosenzimmer resp. „Rozenkamer“: Rosentapete, Gardine, Bettdecke, Gemälde, künstliche Blumen. Betten sind in jedem Haus und in jedem Urlaub ein kritischer Punkt. Was haben wir schon alles erlebt: — — —

Nach den Ankommensritualen war zügiges Einkaufen das Gebot der Stunde. Wir fuhren mit dem Auto nach Castricum City und fanden einen (Vorsicht: Holländische Öffnungzeiten, es war 17.30 !) Deen Supermarkt. Kein Discounter, sondern so ähnlich wie Super Brugsen in Dänemark, aber, verglichen mit deutschen Märkten, durchaus preiswert. Da war uns also mal einer der erwarteten Reinfälle erspart geblieben. Daheim tranken wir Kaffee, fraßen ein Hasenbrötchen und machten uns zur ersten Radtour auf: nach Castricum aan Zee, welches nur aus einem Strandzugang hinter den Dünen plus ein paar saisonalen Strandcafés bestand. Es blies ein beachtlicher Wind, schätzungsweise 5 Bf, die Kite-Surfer praktizierten angewandtes High-Flyen. Nach 500 Metern Tigern in südlicher Richtung drehten wir um und kehrten noch im „Zeezicht“ ein – jeder ein echtes Heineken. Allgemein herrschte leicht beschwingte Wochenend-Atmosphäre. Viele mussten nicht aufs Geld kucken und kamen mit ganzen Clans zu Essen. Wie immer am Anreisetag, war nur noch leichtes Abhängen daheim möglich bei einem Amstel und einem mitgebrachten Paderborner. Fotogelegenheiten hätte es gegeben, allein die Kamera hatten wir vergessen.

Sonntag, 18. Juli 2010

Den ganzen Tag Super Wetter. Die Mutter stellte einen im Schuppen gefundenen Gartenstuhl in das Vorgarten-Zwerglabyrinth, zum Kaffeetrinken und Lesen. Nach dem Frühstück ging es nach Castricum City, dort war ein Touristenmarkt angesagt. Gedöns, Tinneff, Klamotten, Fressen, wie solche Märkte so sind. Für Udo gab es eine ANWB-Fietskaart, Gebiet Noord Holland Zuid. Damit wäre die Planung der Radtour nach Amsterdam einen entscheidenden Schritt weiter. Auf dem Markt gönnten wir uns ein Pfund dunkelrote, dicke Kirschen, die auf der Geschmacksskala bei ca. 70% lagen. Nach Umwegen über die Castricumer Außenbezirke (langweilige Planstadt der 70er Jahre) erreichten wir wieder unser Haus an der Frittenbude und schlugen zu: Frietjes bestellt – nix verstaan. Holländer sagen P’taat Friet. Ok. Mit Pindasaus und Mayonais. Das Haupt-Tagesprogramm wurde nach einer ausgiebigen Mittagspause gestartet: Mit dem Rad durch das Noord-Hollands Duin Reservaat nach Wijk an Zee, dem südlichsten Badeorte an der Noord-Holländisches Nordseeküste, fast direkt an dem riesigen Stahlwerk-Komplex an der Ij-Mündung vulgo Ijmuiden. 100 Meter vor dem Ziel stand eine Promotion-Truppe, zwei Kerle mit einem Pick-Up, auf dessen Ladefläche ein Haufen eisgekühler Getränkedosen mit irgendeinem Isotonischen Gesöff lag. Jedem Vorbeikommenden drückten sie zwei Dosen in die Hand. Normalerweise sind wir misstrauisch und lehnen stets ab. Das heiße, sonnige Wetter und der beschwerliche Hinweg bei Gegenlicht, Gegenwind und Gegenverkehr hatte uns jedoch leichtsinnig und gierig auf umsonstene eisgekühlte Erfrischungen gemacht und so griffen wir mit einem „Bedankt!“ zu. Udo hatte eins mit rötlicher Färbung erwischt und wusste sofort: „Mach ich nich“. Es schmeckte wie es aussah, quietschsüß nach künstlichen Aromen von Symrise aus Holzminden und flog leider in den Müllcontainer der nächsten Pommesbude. Eine Minute später renkte sich die Mutter beim Absteigen vom Rad den Rücken so schlimm aus, das Krankenwagen und Abreise ein realistisches Szenario bildeten. Wir schlichten 50 Meter über den prallvollen Strand und kehrten dann in einer windgeschützten Bude ein. Die Appelschorle der Mutter schmeckte nach Seife und musste reklamiert werden. Leider verstand uns der Kerl von der Bude falsch und glaubte, wir hätten am Mischungsverhältnis von Appelsap und Spa-Water was auszusetzen. „It tastes like soap“ bzw. „Dat smaakt naar Zeep“  konnte er nicht nachvollziehen. Aber egal. Irgendwie schaffte die Mutter den Rückweg tatsächlich noch mit dem Rad. Der Abend verlief ruhig. Der Touristenmarkt in Castricum war bis auf eine mobile Bühne mit lautstarker Coverband und Jungvolk als Publikum beendet. Wir nahmen von außen zwei weitere Liebingsrestaurants in Augenschein: Das „Jasmin Garden“ China und das Mezza Luna (Italo). Doch Vorsicht: Der Titel „Lieblingsrestaurant“ ist bei uns schnell vergeben, aber auch schnell wieder entzogen. Das Jasmin Garden fiel morgens auf, weil es sich große Mühe im „Chinesisch-Aussehen“ macht, mit viel Ornamentik drumrum und einer schönen Terrasse an einem idyllischen Wasserarm vor der Terrasse. Sowohl mittags als auch abends sahen wir jedoch nie einen Gast drin oder auf der Terrasse. Wenn sich da nichts entscheidend ändert, werden wir dort kein einzigen mal Essen gehen.

Beobachtungen am Point of Sale

1. Während des vormittäglichen Besuchs des sonntäglichen Kraam-Marktes kauften wir der Mutter einen Fummel, den sie in spontaner Wunschbildung nach dem Muster „Ich-will-auch-mal-was-Schönes“ ausgekuckt hatte. Die Preisverhandlungen erwiesen sich als schwierig. Trotz dreier Versuche in Englisch, Deutsch und Niederländisch war der Kaufpreis minus Rabatt nur zu ermitteln, indem die entnervte Verkäuferin ihn schließlich auf einen Zettel schrieb, wie für Taubstumme. Das Problem lag auf ihrer Seite: Obwohl ihr äußerlich um die Fresse nichts anzusehen war, insbesondere also die charakteristische tiefe, bis in das linke Nasenloch hochlaufende Spalte in der Oberlippe völlig fehlte, gerierte sich ihre Lautbildung eindeutig nach Art der Hasenscharte, kongenial potenziert durch eine  mit 0,0001 Dezibel vorgetragene Mäuschen-Pieps-Stimmlage. Der Fummel kostete einen zweistelligen Betrag Komma 50.

2. Uns gegenüber auf der anderen Straßenseite liegt der „Warme Bakker“, mit Verkaufsargument „ambachtelijk“ also handwerklich. Doch die Wahrheit ist: Holländisches Brot und Brötchen sind eine einzige Katastrophe, daran ändert auch dieser Bäcker nichts. Sie können nur eins: Variationen von Watte, außen braun und innen weiß. Jedes deutsche Rosinen-Milchbrötchen erscheint uns dagegen als Prototyp krachender Knusprigkeit. Nun sind wir aber auf diesen einen Bäcker auf Gedeih und Verderb angewiesen. Also fassten wir nachmittags ein Herz und wollten ein Standard-Gebäckstück kaufen: Eine Appelflappe. Selbstverständlich hat der Bäcker montags nachmittags geschlossen.

Montag, 19. Juli 2010

Super Wetter. Wir lungerten am Haus rum, tranken im Kaffee im Zwergen-Buchsbaum-Labyrinth und beobachteten die Umwelt: die Nachbarn, die zum-Strand-Radler, die Frittenesser. Gegen 14 Uhr brachen wir auf zur Radtour. Die Mutter war wieder soweit radelfähig. In einem schönen, aber weit ausholenden Umweg fuhren wir auf kleinen Wegen über Castricum und Uitgeest zum ersten Ziel nach Akersloot. Von Akersloot hatten wir uns einiges versprochen, aber außer einer durchschnittlich netten Dorfatmosphäre war nichts Spektakuläres zu entdecken. Heute fuhren wir nicht von Paddenstoel zu Paddenstoel (pilzförmige Wegweiser mit absoluter, 5-stelliger Nummerierung), sondern nach dem Knoop-Punt-System (zweistellige Knotenpunkt-Nummern, die, weil nur zweistellig, sich irgendwann wiederholen, jedoch nicht in direkter Nachbarschaft. Es wirkt wie ein natürliches Navi. Man kann blind nach ausgewiesenen Nummern fahren, vorausgesetzt, man hat eine Karte dabei, in der sie verzeichnet sind. Wir genossen das extem-holländische Flair der flachen Landschaft mit Gräben, Wasserflächen und Kanälen. Aufgeräumte Dörfer, Individualität und Einzigartigkeit als höchstes Audrucksziel in der Architektur und in den Gärten. Nördlich von Akerslot querten wir den Kanal von Amsterdam nach Alkmaar mit einer kleinen Fähre. Fahrzeit 2 Minuten, Fahrpreis 1 Euro. Der schönste Moment der Tour. Weil wir noch bei Kräften waren, beschlossen wir, noch nicht zurückzufahren, sondern Alkmaar zu besuchen. Es wurde immer heißer, und wir erreichten Alkmaar leicht angeschlagen. Beim Käsemuseum ketteten wir die Räder an und drehten zu Fuß eine sehr oberflächliche Runde durch die City. Über die Einkehr in irgendeinem Systemrestaurant wollen wir lieben den Mantel des Schweigens und des Vergessens breiten. Die eiskalte Cola war noch das beste. Etwas orientierungslos verließen wir die Stadt wieder zunächst in der falschen Richtung (Nordwest – Bergen), merkten das aber hinter dem Bahnübergang und kriegten über den westlichen Innenring noch mal die Kurve. Die Rückfahrt war wesentlich kürzer, da wir den direkten Weg über Heiloo und Limmen nahmen.

Dienstag, 20. Juli 2010

Nix. Oder besser fast nix. Wir hockten überwiegend daheim, lasen, tranken viel Koffie, beobachteten den warmen Bakker, präziser gesagt die warme Bakkerin, welcher wir schon aufgefallen war und die uns beim Kauf von Brötchen besonders ansprach, wir schauten aus nach den Pommesbudenkunden und den Warteschleifen-Flugzeugen auf ihrem Weg nach Schiphol. An der Pommesbude war heute nicht viel los.

Mittwoch, 21. Juli 2010

Der Amsterdam-Tag. Wie immer ist es schon dann am schönsten, wenn noch glaubt, das Eigentliche käme noch. Das Wetter war im landläufigen Sinn noch ok. Wir beschlossen, nicht von hier aus loszuradeln und mit der Bahn zurück, sondern ein Stück mit dem Auto zu fahren und einen Rundkurs zu fahren mit Amsterdam in der Mitte. Unter vielen möglichen Strecken wählten wir so eine aus, die abwechslungsreich zu werden versprach mit Natur, Wohnen am Wasser, Bahn und Kanallandschaft. Mit dem Auto ging es ein ziemliches Stück nach Purmerend, eine typisch holländische Stadt mit Kanal, Brücken, Autobahn, Bahnlinie, altem Kern und ausgedehnten Planstadt-Vierteln. Beim Losradeln wussten wir schon, dass wir bei Rückkehr in der Kneipe „de drie Zwanen“ einkehren würden. Aber zunächst ging es durch die südlichen neueren Ortsteile.

Hier fiel uns auf, was wir schon öfter beobachtet haben: Die ganz neuen Siedlungen sind sehr systematisch angelegt: Multiplizierte Individualität. Der jeweilige Bautyp soll sich von anderen durch ungewöhnliche Formen unterscheiden, sogar auffallen. In der Siedlung wird dieser Bautyp dann vielfach wiederholt. Das heißt zum Beispiel: alle haben das gleiche schräge Dach unc den gleichen Terrassenplatz. Manchmal wechseln sich zwei Typen ab. Die Siedlungen haben eine komplexe Infrastruktur, was Verkehrsanbindung und Lage an Wasserarmen betrifft. Die Massenhaftigkeit befremdet etwas. Schöner sind die jahrzehntealten Siedlungen, die keiner einheitlichen Planung unterlegen waren, sondern bei denen Individualität und Originalität das wesentliche Merkmal sind. In Noord Holland kommt immer die besondere Lage an Wässern und Kanälen hinzu, die das besondere Flair ausmachen.

In einem Naturschutzgebiet ohne jede Bebauung machten wir eine kurze Picknick-Pause. Kurz vor Amsterdam verfuhren wir uns kurz, aber während man so am Straßenrand steht und in der Landkarte rumstochert, kommen oft freundliche Holländer und versuchen zu helfen. Schneller als gedacht standen wir dann nördlich vom Ij und schauten auf die Fähren und die Centraal Station auf der anderen Seite. Nach Amsterdam wollten wir die Räder nicht mitnehmen, und so schlossen wir sie an einem Straßenschild an. Am Bahnhof drüben bestaunten wir zunächst die vielen Fahrräder und strebten dann zu Fuß ausgerechnet über dem Dam Rak Richtung Innenstadt, was sich als reichlich doof erwies. Den der Dam, die einstige Pracht- und Flaniermeile, war nur noch ein Schatten ihrer selbst und stank nach Großstadt-Bahnhofsviertel. Erst als wir nach Westen schwenkten in Richtung Heren- Prinsen- Keizersgracht, wurde es besser. Wir kauften nichts, kehrten nicht ein und erreichten zügig wieder den Bahnhof, um über das Ij zu setzen. Amsterdam zum Abgewöhnen. Das Ergebnis mangelnder Reiseplanung. Für den Rückweg nach Purmerend nahmen wir die direktere Route immer am Kanal entlang, ohne auch nur einmal abbiegen zu müssen. Die Kneipen lagen alle auf der anderen Kanalseite. Endlich bei den drie Zwanen angekommen, erkundigten wir uns nach Kuchen und bekamen Soes empfohlen, die sich als Windbeutel erwiesen. Den abschließender Bummel durch Purmerends City hätten wir uns sparen können. Auf der Auto-Rückfahrt nach Bakkum hielten wir noch mal in Zaandijk an, wo wir unvorbereitet auf einen breiteren Wasserlauf mit 5 alten Windmühlen und historischer Randbebauung aus dem 18. Jahrhundert stießen. Wir parkten und folgten zu Fuß dem Hinweis auf eine Fußgängerfähre, die wir aber an der passenden Stelle dann übersahen und so auf der Suche danach noch unnötig weiter liefen, bis es keinen Sinn mehr machte. Rund um die große Klappbrücke in Zaandijk standen diverse Gr0ßbetriebe der Lebensmittelindustrie und verursachten einen undefinierbaren Gestank, der uns schnell vertrieb. Wegen einer Baustelle auf der Schnellstraße nach Wormerveer verfuhren wir uns und kurvten noch eine Weile durch so ein weitläufiges 1970er/80er Wohngebiet mit viel Wasser und vielen Brücken. Sehr weit ausholend kamen wir irgendwie wieder über Uitgeest in Castricum an. Nach einer Erholungsphase machten wir weit nach 20.00 Uhreine zweite Radtour, die uns uns noch mal an den Strand führte, mit einem Heineken bei „Zeesicht“ als Tagesabschluss.

Donnerstag, 22. Juli 2010

Der Haarlem-Tag. Nicht mit dem Rad, sondern mit der Bahn, damit wir nicht wieder verschwitzt-verschmiert ankommen und schon aus dem Grund keinen Laden und kein Museum betreten können. Unter ns.nl hatten wir die Abfahrtszeiten und Preise recherchiert. Immer um .56 und .26 war Direkt-Anschluss nach Haarlem möglich. Als wir gerade zum Bahnhof abmarschieren wollten, kam ein Anruf: Der Kunde, der Fehler, der Änderungswunsch: sofort. Also fuhren wir 13.26. In Haarlem war es warm und wir zu dick angezogen. Wir erkannten erst mal nichts wieder – schließlich ist es 5 Jahre her, dass wir das letzte mal in Haarlem waren. Es gab noch mehr Läden als damals. Und keine große Ketten, sondern viele viele kleine. Und nicht arm und schäbig, sondern interessant und nett. Wir fanden in der Zijlstraat das Hotel von 19xx wieder (muss noch recherchiert werden, für später in der Abteilung Hotelgeschichten). 2005 war es gar nix, jetzt immerhin wieder ein Hotel. Irgendwie gerieten wir Richtung Frans-Hals-Museum. Auf der anderen Straßenseite lag ein sogenanntes Architektuur Museum, und weil der Eintritt umsonst war, nahmen wir es mit. Sie hatten eine halbschöne Fotoausstellung mit neueren Straßenansichten. Gegenüber bei Frans Hals hatten sie die normalen Eintrittspreise reduziert und es gab ein Wiedersehen mit den Bildern, die wir dort schon öfter gesehen haben. Höhepunkt des Haarlem-Aufenthalts war eine spontan-geplante Einkehr in einem sehr ruhigen (wir die einzigen Gäste) Straßencafé am „Koudenhorn“ an der Spaarne. Die Mutter fraß ein Stück huisgemaakte Appeltaart (Eine Bombe aus Zimt und Rosinen) und Udo ein belegd Broodje mit oude Boerenkaas. Im Blickfeld tummelte sich ein britischer Clan mit einem Brautpaar im Mittelpunkt. Unser Augenmerk lag auf stabilen holländischen Fahrrädern mit Front-Ladefläche à la Bäckerjunge. Immer noch nichts kaufend machten wir uns wieder auf den Weg zum Bahnhof, und um 17.12 saßen wir im Zug nach Castricum. Lag es an der Gewöhnung oder am geringen Wochentags-Gästaufkommen? Jedenfalls stellten wir fest, dass das Geschehen an der Pommesbude und heute nicht so in den Bann zog, wie sonst. Nach 20.00 Uhr radelten wir zum Strand. Wir nahmen eine Abkürzung, die uns 2,6 Kilometer und 10 Minuten extra kostete, mehr noch: Es war geradezu unheimlich-bedrohlich. Denn die Abkürzung führte über das Gelände eines psychiatrischen Sanatorium-Komplexes, der zwischen Bakkum und den Dünen liegt. Unzählige weit verstreute Gebäude, eingebettet in eine Landschaft, die von Park-artig zu Wald-artig tendierte. Die meisten Gebäude runtergekommen, beschädigt, mindestens renovierungsbedürftig. Wenige Menschen, und wenn, dann gestört oder behindert. Das Wegenetz erwies sich als Labyrinth, aus dem wir fast nicht mehr rauskamen. Später am Strand wanderten wir 1 km erstmals nach rechts. Nach Rückkehr zum Eingang zwischen den Strandcafés Zeezicht und Zoomers warteten wir den klassischen, lupenreinen Sonnenuntergang ab, den man mit Glück nur einmal pro Urlaub erlebt, bevor es frierend auf dem direkten Weg heim ging, immer hinter Leuten her, die mit funktionierendem Licht ausgerüstet waren.

Freitag, 23. Juli 2010

Es war noch Zeit für drei Radtouren: 1. Gegen 11.00 Uhr an den Strand. Um 12.30 mit dem Auto östlich von Alkmaar, von dort mit dem Rad nach Hoorn am Ijsselmeer an so’m kleinen Kanal entlang, dessen Wasserspiegel deutlich sichtbar höher lag als das flache Land ringsum. wir brauchten 1, 5 Stunden hin und 1,0 Stunden zurück, weil es zurück kein Picknick und fast keine Fotopausen gab. In Hoorn erinnerten wir uns an den Aufenthalt vom 18.6.1982 mit dem Messdiener D. auf der großen Holland-Tour von Nieweschans über Groningen, Leeuwaarden, Hoorn, Amsterdam, Raamsdonksveer, xxx, Venlo, Duisburg. Wir erkannten nichts mehr wieder, auch nicht das Hotel. Wir haben auch keine Vorstellung mehr, was und wie wir damals gegessen haben und wie es uns gelungen ist, ohne Radwegesystem, nur mit einer Ganz-Holland-Karte 1:300.000 ausgerüstet, den Weg zu finden. In Hoorn picknickten wir an der Corniche und tigerten dann noch die Fußgängerzone rauf und runter. Die Mutter kaufte wiederum ein Kleid. Damit sind wir zwei Kleider im Rückstand, denn in Amsterdam und in Haarlem haben wir keins gekauft. Für den Rückweg nach östlich von Alkmaar zeichnete sich keine alternative Strecke ab, und so nahmen wir den gleichen Weg wie hin. Danach waren wir kaputt und verzichteten auf touristische Rahmenprogramme und Abstecher. Die dritte Radtour ging noch mal zum Strand, wo wir sofort und ohne Umweg bei Zoomers einkehrten, wo wir jeden Tag vorbeigegangen sind und jedesmal das verlockende Schild gelesen haben: Een Pannetje von heerlijk verse Mosselen met Frietjes en Sla. Die wollten wir jetzt haben. Leider waren die Mosselen angeblich aus und wir wichen aus auf: Kip Saté (die Mutter) und Rib Eye Steak (Udo). Die Beilagen waren: dicke Frietjes, Tomaten mit Schafskäse und Pinienkernen, Spaghetti, grüne Bohnen, Erbsenschoten und ein Rosmarinzweig. Wir sprachen über den zu schnell zu Ende gehenden Urlaub, das bevorstehende Liborifest, den Oppa und die Heimfahrt. Nach dem Kaffee wurde es deutlich kalt und windig. Ein klassischer Sonnenuntergang war nicht zu erwarten. Wir radelten wieder nach Bakkum mit dem festen Vorsatz: Wir kommen wieder – vielleicht auch mal schnell zwischendurch.